Die Bedeutung des Erfindungsschutzes durch Gebrauchsmuster tritt in der öffentlichen Wahrnehmung weit hinter diejenige des Patents zurück. Wenn auch in vielen Fällen das Patent aufgrund seiner längeren Schutzdauer (20 Jahre gegenüber 10 Jahren beim Gbm) und der erhöhten Rechtssicherheit aufgrund des obligatorischen Prüfungsverfahrens das geeignetere Schutzrecht ist, ist das Gebrauchsmuster insbesondere bei “kleineren” Erfindungen und bei Erfindungen in einem technischen Bereich mit kurzen Innovationszyklen sehr sinnvoll, wie z.B. im Computerbereich und bei Softwareerfindungen.

Daneben ist das Gebrauchsmuster aber auch als Ergänzung einer Patentanmeldung von hoher strategischer Bedeutung, da es das gleiche rechtliche Instrumentarium gegenüber Verletzern bietet, wie das Patent – und zwar schon ab der Eintragung (!) -, nämlich Unterlassung und Schadensersatz (§24 GbmG) sowie Vernichtung und/oder Rückruf der verletzenden Erzeugnisse (§ 24a GbmG).

Die über die schon angesprochene unterschiedliche Schutzdauer hinaus gehenden wichtigen Unterschiede zwischen Patent- und Gebrauchsmusterschutz sind die folgenden:

  • Neuheit: Gemäß §§ 3 (1) GbmG ist eine Erfindung neu, wenn sie vor dem Anmeldetag nicht in schriftlicher Form oder durch Benutzung in der Bundesrepublik öffentlich zugänglich war. Anders als beim Patent sind also mündliche Veröffentlichungen, z.B. in Form eines Vortrags, oder nur im Ausland zugängliche Veröffentlichungen unschädlich.
  • Unschädliche Vorveröffentlichung: Gemäß den §§ 3 (2) und 6a GbmG ist eine auf den Anmelder zurückgehende Veröffentlichung bzw. eine Ausstellung des zu schützenden Gegenstandes auf einer amtlich anerkannten Messe innerhalb von sechs Monaten vor dem Anmeldetag unschädlich. Anders als beim Patent, kann also trotz einer eigenen Vorveröffentlichung, z.B. als Fachartikel oder Exponat auf einer Messe, dennoch ein Gebrauchsmusterschutz erworben werden.
  • Keine Sachprüfung bei Eintragung: Statt einer materiellen Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit wird zur Eintragung eines Gebrauchsmusters lediglich eine Formalprüfung durchgeführt (§ 8 GbmG), in deren Rahmen lediglich offensichtlich nicht schutzfähige Gegenstände ausgeschlossen werden, z.B. nicht-technische Erzeugnisse, Verfahrenserfindungen oder dergleichen. Das Gebrauchsmuster ist damin ein ungeprüftes Schutzrecht (Registerrecht), mit allen Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt.
  • Sachprüfung aber auf Antrag: Die sachliche Prüfung eines eingetragenen Gebrauchsmusters wird allerdings auf Antrag gemäß §§ 15 ff GbmG nachgeholt. Die Prüfungsmaßstäbe sind dabei die gleichen wie beim Patent, insbesondere ist der beim Gebrauchsmuster geforderte “erfinderische Schritt” kein leichter zu überwindendes Kriterium als die “erfinderische Tätigkeit” des Patents (vgl. BGH X ZB 27/05, “Demonstrationsschrank”). Häufig werden solche Löschungsanträge von Verletzungsbeklagten als Verteidigung im Verletzungsverfahren oder von sonstigen Wettbewerbern anhängig gemacht.
  • Abzweigung: Innerhalb von 10 Jahren ab dem Anmeldetag einer anhängigen oder im Einspruch befindlichen Patentanmeldung kann ein Gebrauchsmuster abgezweigt werden (§ 5 Gbm), welchem dann der Zeitrang und die Priorität der Patentanmeldung zukommt. Dies kann z.B. sinnvoll sein, wenn sich herausstellt, dass innerhalb von 6 Monaten vor dem Anmeldetag eine dem Patent entgegenstehende aber für das Gebrauchsmuster unschädliche Vorveröffentlichung stattgefunden hat.

Eine besondere strategische Bedeutung entfaltet die Gebrauchsmuster-Abzweigung als Ergänzung einer Patentanmeldung. Auf diese Weise kommt der betreffenden Erfindung über das Gebrauchsmuster sofort der vollständige Schutz zu, obwohl das Patent noch in der Erteilungsphase ist und daraus nur ein Entschädigungsanspruch geltend gemacht werden könnte.

Fazit: Da das Gebrauchsmuster preiswert ist, einen sofortigen vollständigen Schutz bietet, reduzierte Neuheitsvoraussetzungen und eine Neuheitsschonfrist, sowie einer verkürzte 10-jährige Laufzeit hat, ist es wesentlich besser für schnellebige Branchen mit kurzen Innovatinszyklen geeignet als das Patent.

Die wertvolle Möglichkeit der Abzweigung aus einer bestehenden Patentanmeldung macht es aber auch im Zusammehang mit solchen Erfindungen zu einem wichtigen Schutzrecht und scharften Schwert, für die von Haus aus eher der Patentschutz in Frage kommt. Dies kann z.B. in hochkompetitiven Brachen der Fall sein, in denen die Wettbewerber die Markt- und Patentsituation genau beobachten und schnell und taktisch reagieren.

 
Über den Autor

Volker Metzler

Patentanwalt, European Patent Attorney, European Trademark and Design Attorney, Informatiker, Blogger, Partner von k/s/n/h

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