Microsoft 'Certificate of Authenticity' (CoA)

Wenn man an Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Handel von Softwareprodukten denkt, tritt sogleich das Urheberrecht in den Vordergrund. In zweiter Linie mag man das Patentrecht für einschlägig halten, das bekanntlich derzeit bei zahlreichen Prozessen um durch Software implementierte Eigenschaften von Smartphones eine Rolle spielt. Mit einem Urteil vom 06. Oktober 2011 hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt noch einmal daran erinnert, dass je nach den Umständen im Einzelfall auch das Markenrecht in Betracht zu ziehen ist:

Die Klägerin ist die Microsoft Corporation. Sie ist Inhaberin der Wortmarke “MICROSOFT”, unter der sie die Betriebssystem-Software “Windows” vertreibt. Bei der sog. OEM-Version wird die Software durch den Computerhersteller auf der Festplatte der Computer vorinstalliert. Die Käufer der Computer erhalten zusätzlich eine Sicherungs-CD mit der Software (sog. Recovery-CD). Bei diesem Vertriebsweg sind die Echtheitszertifikate, die die Klägerin ihren Produkten beifügt, an dem Computer selbst angebracht. Die Beklagte handelt mit Softwareprodukten. Sie erwarb von Unternehmen, die mit gebrauchten Computern handeln, Recovery-CDs mit der Software “Windows 2000″ sowie Echtheitszertifikate, die von den Computern abgelöst worden waren. Die Beklagte brachte diese Echtheitszertifikate an den Recovery-CDs an und verkaufte diese weiter. Dabei wurden Datenträger veräußert, die mit Echtheitszertifikaten versehen waren, die ursprünglich nicht aus demselben Paket (Computer mit Sicherungs-CD) stammten. Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Markenrechte.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung verurteilt und festgestellt, dass sie der Klägerin eine angemessene Lizenzgebühr zahlen muss. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Der für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Dem Unterlassungsanspruch der Klägerin steht nicht der Erschöpfungsgrundsatz gemäß § 24 Markengesetz entgegen. Zwar sind die von der Beklagten vertriebenen Datenträger und die Computer, an denen die von der Beklagten verwendeten Echtheitszertifikate angebracht waren, mit Zustimmung der Klägerin im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gelangt. Die Klägerin kann sich aber aus berechtigten Gründen dem Vertrieb der mit den Echtheitszertifikaten versehenen Sicherungs-CDs widersetzen. Der Verbraucher wird einem mit dem Echtheitszertifikat versehenen Datenträger die Aussage entnehmen, dass dieser von der Klägerin selbst oder mit ihrer Zustimmung als echt gekennzeichnet wurde. Er wird die Verbindung des Datenträgers mit dem Zertifikat der Klägerin als Markeninhaberin zuschreiben und erwarten, dass diese durch die Verbindung die Gewähr dafür übernommen hat, dass die so gekennzeichnete Ware unter ihrer Kontrolle hergestellt wurde und sie für die Echtheit einsteht, was jedoch nicht der Fall ist.

Über die oben zitierte Pressemitteilung hinaus ist aus den Gründen noch nichts bekannt, da der Volltext der Entscheidung bislang noch nicht veröffentlicht worden ist. Die Entscheidung verdeutlicht, dass beim umstrittenen Handel mit Gebrauchtsoftware im Einzelfall auch markenrechtliche Aspekte berücksichtigt werden müssen. In der derzeit  beim BGH noch anhängigen Sache I ZR 129/08 (“UsedSoft”) geht es  dagegen um urheberrechtliche Aspekte des Handels mit Gebrauchtsoftware. Der BGH hat aus diesem Verfahren heraus eine Reihe von Rechtsfragen dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt (Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs (Deutschland) eingereicht am 14. März 2011 — UsedSoft GmbH gegen Oracle International Corp. (Rechtssache C-128/11)).

(Photo: (C) Microsoft, Inc.)

 
Über den Autor

Axel H. Horns

Patentanwalt, European Patent & Trade Mark Attorney

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