Stolpersteine bei der Markenfindung
Wenn man ein Unternehmen zu gründen gedenkt, muß man sich beizeiten darüber Gedanken machen, wie die Firma lauten soll. Manche Gründer machen dabei einen Fehler und versuchen, eine Bezeichnung besonderer Eigenschaften ihres zu vermarktenden Produktes in die Firma einfließen zu lassen. Bei einem (hier völlig fiktiven) Unternehmen, das es sich zum Ziel gesetzt hat, Elektrofahrräder herzustellen und/oder zu vermarkten, könnte beispielsweise ein Name in die Diskussion geraten, der etwa so lautet:
FastChargerBike
Ein wichtiger Nachteil bei derartigen Namensgebungen liegt darin, dass derartige “nahezu beschreibende” Namen möglicherweise nicht dem Markenschutz zugänglich sind: Obwohl das Wort, so wie es oben steht, in keinem Wörterbuch verzeichnet ist, sehe ich vor meinem geistigen Auge schon den Prüfungsbescheid vom Deutschen Patent- und Markenamt vor mir liegen, mit dem eine Eintragung dieses Wortzeichens für Fahrräder mit dem Hinweis abgelehnt wird, die angesprochenen Kundenkreise verstünden das Zeichen als rein beschreibenden Hinweis darauf, dass es sich bei dem mit dem Zeichen versehenen Artikel um ein Fahrrad mit elektrischem (Hilfs-)Antrieb handelt, wobei der Elektroantrieb aus einem besonders schnell aufladbaren Akku gespeist werde. Und für Angaben, die als rein beschreibend aufgefaßt werden können, gibt es im Regelfall keinen Markenschutz. Beim Europäischen Amt für die Harmonisierung im Binnenmarkt (HABM) ist man erfahrungsgemäß tendenziell etwas großzügiger zugunsten des Anmelders bei der Beurteilung, ob es sich um ein beschreibendes, nicht als Marke eintragungsfähiges Zeichen handelt. Aber auch hier möchte ich nicht darauf wetten, dass eine solche Markenanmeldung durchkommt.
Und ein Firmenname, der nicht als Marke eingetragen ist, schafft doch ein erhebliches Risikopotential: Sofern die Gründung klein und unbedeutend bleibt oder gar bald wieder eingeht, wird sich kaum jemand für seinen Namen interessieren. Im Erfolgsfall, falls das Unternehmen wächst und gedeiht, wird der Augenblick kommen, bei dem Konkurrenten sich fragen, ob sie sich durch Ursupation des Namens an dessen Erfolg anlehnen können. Nun schafft zwar auch eine Firmengründung und die Aufnahme des Geschäftsbetriebes unter bestimmten Umständen einen eingeschränkten Markenschutz; dieser ist aber oftmals schwerer durchzusetzen als eine eingetragene Marke, da seine räumliche und geschäftliche Ausdehnung erst anhand von möglicherweise weit zurückliegenden Tatsachen bestimmt werden müssen. Also: Vorsicht bei beschreibenden Firmennamen.
Schwierig wird es, wenn man sich nicht vorher überlegt, ob ein in der deutschen Sprache unschuldig daherkommender Begriff in einer anderen EU-Sprache glatt beschreibend ist. Aber diese Problematik kann man durch Konsultation von Überstzern oder – notfalls – auch von Wörterbüchern in den Griff bekommen.
Aber es gibt noch weitere Fallstricke, auf die man nicht immer sofort kommt. Beispielsweise in Gestalt eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten. Nein, es geht hier nicht unbedingt um Sachverhalte im Rotlichtbezirk. Kürzlich entschied das Gericht der Europäischen Union in der Rechtssache T‑232/10, dass dass Eintragung einer Gemeinschaftsbildmarke, die das ehemalige sowjetische Staatswappen darstellt, in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise in Ungarn gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstößt und deshalb unzulässig ist.
Nun mag man argumentieren, das Management des die Marke anmeldenden Unternehmens hätte sich ja denken können, dass der Herumspielen mit einem derartig historisch und politisch aufgeladenen Zeichen möglicherweise rechtlich heikel sein könnte.
Mag sein.
Noch schwieriger wird es aber mit der Markenfindung, wenn man sich die Entscheidung des Gerichtes der Europäischen Union in der Rechtssache T‑526/09 ansieht. Es geht im eine Markenanmeldung der PAKI Logistics GmbH mit Sitz in Ennepetal. Fällt Ihnen bei diesem Namen irgendwas auf? Mir nicht, jedenfalls nicht beim ersten Lesen. Was soll PAKI heissen? Vielleicht eine Abkürzung der Namen der Gründer? Vielleicht steht “-KI” auch für “Kiste”, denn die bei der Markenanmeldung angegebenen Waren lauten wie folgt:
- Klasse 6: „Kisten, nämlich Gitterkisten, Transportpaletten aus Metall“;
- Klasse 20: „Kisten, nämlich Gitterkisten, Transportpaletten, sämtliche vorgenannten Waren, insbesondere aus Holz oder Kunststoff, nicht aus Metall“;
- Klasse 37: „Reparaturwesen; nämlich Reparaturdienstleistungen für Paletten und Gitterkisten“;
- Klasse 39: „Transportwesen im Bereich Paletten und Gitterkisten; Speditions‑ und Logistik-Dienstleistungen für Paletten und Gitterkisten; Vermietung, Vermittlung und Tausch von Paletten und Gitterkisten, Standortermittlung von Paletten und Gitterkisten“.
Beschreibend scheint der Name jedenfalls nicht zu sein. Vermutlich ohne Argwohn entschloß man sich, das Wortzeichen “PAKI” beim OHIM für eine EU-weite Gemeinschaftsmarke auf der Grundlage der oben angegebenen Waren und Dienstleistungen anzumelden.
Das Ende vom Lied?
Das Gericht der Europäischen Union hat die Markenanmeldung zurückgewiesen, da es sich bei dem Markenwort um eine gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßende Marke handelt. Denn zumindestens in Großbritannien weiß man, dass “paki” eine unangenehme Bedeutung als Invektiv hat: Der Begriff „paki“ wird von den englischsprachigen Verkehrskreisen der Europäischen Union als rassistischer Begriff aufgefasst, der eine abwertende, beleidigende Bezeichnung eines Pakistani oder generell einer Person des Indischen Subkontinents, die u. a. im Vereinigten Königreich lebt, darstellt. Auch in der deutschen Sprache kennen wir solche herabsetzenden Ausdrücke für andere Ethnien oder Ausländer; es ist nicht erforderlich, hier konkrete Beispiele anzugeben. Bei einer EU-weiten Gemeinschaftsmarke genügt es als Grund für eine Zurückweisung, wenn ein angemeldetes Zeichen auch nur in einem Land als anstößig empfunden wird. Da hilft es nicht, dass der Ausdruck Paki in Deutschland wenig bekannt ist.
Diese Entscheidung, so nachvollziehbar sie im Einzelfall auch ist, eröffnet ein großes Problemfeld: Es gibt keine EU-weite Datenbank für national oder regional als beleidigend oder herabsetzend empfundene Invektive. Auf die Bedeutung von Paki hätte man bei einer Konsultation der Wiktionary ja noch kommen können – aber woher soll man beispielsweise wissen, bei welchen Invektiven ein Däne, Lette oder Slovenier keinen Spaß mehr versteht?
In Konstellationen, in denen genügend Mittel bereitstehen, kann man daran denken, eine Shortlist in Betracht gezogener Markenworte zu erstellen und diese vor einer endgültigen Entscheidung durch Sprachexperten in möglichst vielen Sprachen auf beschreibende, negativ konnotierte oder gar beleidigende/herabsetzende Bedeutungsfelder abklopfen zu lassen. Oft wird eine derartige Vorgehensweise aber nicht finanzierbar sein. Dann bleibt wohl nur der Mut zum Risiko.
Axel H. Horns
Patentanwalt, European Patent & Trade Mark Attorney
Das k/s/n/h :: jur Blog
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