Einigung über neues ‘Einheitliches Patent / Patentgericht’ am 22. Dezember 2011 – Worum geht’s dabei eingentlich?
Derzeit geht es auf EU-Ebene nicht nur um Euro-Rettungsschime, Eurobonds und Fragen, ob und wie die Europäische Zentralbank zur Eindämmung der EU Schuldenkrise eingreifen kann, sondern auch – wenngleich wahrscheinlich mit erheblich geringerer Priorität und Dramatik – um die vorliegenden Entwürfe für das neue Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung (‘European Patent with Unitary Effect’) und das zugehörige einheitliche Patentgerichtssystem (‘Unified Patent Court’). Die aktuellen Fassungen sind das “Proposal for a Regulation [...] implementing enhanced cooperation in the area of unitary patent protection” vom 23 Juni 2011 (Dokument 11328/11) un der “Draft Agreement on a Unified Patent Court and draft Statute” vom 19 Oktober 2011 (Dokument 15539/11).
Nun ist ein Ende der Diskussion in Sicht, denn in Dokument 1757539/11 der Polnischen EU-Ratspräsidentschaft heißt es unter Ziff. 11:
The Presidency announced its intention to organise the initialling ceremony whereby the text of the Agreement could be finalised in Warsaw on 22 December 2011. The Presidency considers that the Member States should be able to arrive at a political agreement on the text of the Agreement at the meeting of the Competitiveness Council on 5 December 2011 on the basis of this set of compromise proposals, despite the fact that some issues of political importance could be left to be agreed at a later stage, but before the signature of the Agreement.
Am 22. Dezember 2011 will man in Warschau also feierlich die Einigung auf die grundlegenden Texte zelebrieren. Zuvor stehen aber noch intesive Verhandlungen an, z.B. am 5. November im EU Wettbewerbsrat, auf dem EU Gipfel am 9. Dezember und am 20. Dezember, wenn auch Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments (JURI) zu einer Einigung gelangen will (vgl. Procedure File 2011/0093(COD)).
Während man die politischen Hintergründe und Umstände dieser wichtigsten Entscheidung im Europäischen Patentrecht seit Jahrzehnten gut verfolgen kann, z.B. auch auf unserem Schwester-Blog ksnh::law (zuletzt z.B. [1], [2], [3], [4]), ist es schon schwieriger, sich einen vernünftigen Überblick über die geplanten systemischen, prozessualen und formalen Änderungen in Europäischen Patentsystem zu verschaffen (materiellrechtlich bleibt alles beim Alten, d.h. so. wie es das Europäischen Patentübereinkommen und die Rechtsprechnung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts vorsehen).
Genau einen solchen Überblick wollen wir mit der nachfolgenden Übersicht über die wichtigsten Merkmale des geplanten EU-Patents, bzw. ‘EP-Patents mit einheitlicher Wirkung’, und der geplanten EU-Patentgerichtsbarkeit bieten:
I. Derzeitige Situation und historische Entwicklung
Die Idee eines Gemeinschaftspatents mit einheitlicher EU-weiter Wirkung (vgl. Zusammenfassung) wurde bereits in den 60er Jahren im Rahmen der Schaffung der Europäischen Gemeinschaft (EG) formuliert (vgl. Geschichte der EU). Eine frühe Einigung scheiteterte jedoch an der Kostenfrage im Zusammenhang mit den erforderlichen Übersetzungen in die Nationalsprachen der EU und der Frage, ob nationale Gerichte über Verletzung oder Rechtsbeständigkeit eines Gemeinschaftspatents entscheiden sollen.
Im nächsten Anlauf schaffte man es immerhin zur Unterzeichnung des Gemeinschaftspatentübereinkommens (GPÜ) im Jahre 1975. Diese wurde in der Folge jedoch lediglich von 7 der seinerzeitinge 9 EU-Mitglieder ratifiziert und trat somit in Kraft – wie übrigens auch die darauf aufbauende Vereinbarung über Gemeinschaftspatente (VGP) aus dem Jahre 1989.
Die Diskussion über eine Gemeinschaftspatentperordnung (GPV) wurde dann im Jahre 1996 aufgenommen. Im Jahre 2003 scheiterte die Einigung jedoch erneut, wiederum an der Sprachenregelung und den daraus resultierenden Übersetzungserfordernissen.
Das Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) trat 1973 gewissermaßen als Kompromisslösung in Kraft und wurde von 2000 bis 2007 unter dem Stichwort “EPÜ 2000″ grundlegend revidiert (vgl. Übersicht). Es stellt die derzeitige rechtliche Grundlage für die Erteilung Europäischer Patente als sogenannte “Bündelpatente” dar, die nach der zentralen Erteilung durch das Europäische Patentamt in ein Bündel “nationaler Teile” zerfallen, welche voneinander unabhängig sind und jeweils nationalem Recht unterliegen. Genau diese Bündeleigenschaft, d.h. die Divergenz zwischen zentraler pre-grant-Phase und nationaler post-grant-Phase hat sich über die Jahre als ein entscheidender Kritikunkt am Europäischen Patentsystem herausgestellt, denn sie verhindert zentrale Verletzungs- und Nichtigkeitsverfahren und kann zu divergierenden Entscheidungen hinsichtlich der identisch erteilten nationalen Teile führen.
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Das Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) trat 1973 in Kraft (vgl. Geschichte des EPÜ).
- Das Europäischen Patentamt (EPA) wurde als supra-nationale Behörde gegründet, es ist demzufolge keine Institution der EU sondern von dieser rechtlich unabhängig.
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Bis zur Erteilung (pre-grant): Europäische Patente (EP) werden vom EPA zentral geprüft und erteilt.
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Nach der Erteilung (post-grant): Das EP-Patent spaltet sich in ein Bündel nationaler Patente auf, die dem jeweiligen nationalen Recht unterstehen und insofern hinsichtlich Rechtsbeständigkeit oder Durchsetzbarkeit unterschiedliche Schicksale haben können.
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Heute sind dem EPÜ 38 Staaten beigetreten, unter diesen
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all 27 EU-Mitgliedsstaaten (AT, BE, BG, CY, CZ, DE, DK, EE, ES, FI, FR, GB, GR, HU, IE, IT, LI, LT, LU, LV, MC, MT, NL, PL, PT, RO, SK),
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11 nicht-EU-Mitglieder (AL, CH, HR, IS, MK, MA, NO, RS, SI, SM, TR)
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und 2 sogenannte Erstreckungsstaaten (BA, ME)
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Mit den Londoner Abkommen konnte das Erfordernis, jedes erteilte Patent vollständig in die Nationalsprachen aller Staaten zu übersetzen, in denen es Wirkung entfalten soll – und die damit verbundenen erheblichen Kosten – weitgehen entschärft werden.
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Am 11 Okt 2000 wurde das Londoner Abkommen verabschiedet und musst danach noch national anerkannt bzw. ratifiziert werden.
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Das Abkommen stand/steht allen EPÜ-Mitgliedsstaaten offen.
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Es war gedacht als Kompromislösung für eine pragmatisches Übersetzungsregelung.
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Am 01 Mai 2008 trat des Londoner Abkommen mit der Ratifizierung durch Frankreich schließlich in Kraft.
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Der gegenwärtige Status des Abkommens ist wie folgt:
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keinerlei Übersetzung in 7 Mitgliedsstaaten (FR, DE, GB, CH/LI, LU, MC)
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nur Übersetzung der Ansprüche 10 Mitgliedsstaaten (DK, FI, HR, HU, IS, LT, LV, NL, SE, SI)
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vollständige Übersetzung in 21 EPC Mitgliedsstaaten (e.g. IT, ES, AT, BE, …)
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Das Einheitliche EU Patent (‘Unitary Patent‘) steht nun am vorläufigen Ende der ca. 60-jährigen Entwicklung zu einem gemeinschaftlichen Patent mit Wirkung in (fast) der ganzen EU, wobei allerdings Spanien und Italien (bzw. die inzwischen abgelösten Regierungen ‘Zapatero’ und ‘Berlusconi’) einen Beitritt bisher verweigern, da sie die jeweils eingene Sprache in der Sprachenregelung nicht genügend berücksichtigt finden.
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Am 13 Dez 2007 wurder der Lisaboner Vertag (“EU-Verfassung”) unterzeichnet.
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Der Lisaboner Vertag gestattete unter bestimmten Bedingungen und in bestimmten Fragen eine “verstärkte Zusammenarbeit” zwischen wenigen EU-Mitgliedsstaaten und rückt somit erstmals von dem Einstimmigkeitsprinzip der EU ab. Dieses neue Rechtsinstitut wurde zur Schaffung eines “verbesserten Patentsystems in Europa” genutzt (vgl. Art. 3(3) EU und Art. 118 AEUV).
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Vorschläge für ein “Einheitliches Patent” (‘Unitary Patent’), eine Sprachenregelung und ein “Einheitliches Patentgerichtssystem” (‘Unified Patent Court System’) wurden entworfen.
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Am 10 Dez 2010 stellte die Europäische Kommission (unter belgischer Ratspräsidentschaft) nach langwierigen Verhandlungen fest, dass es “unüberbrückbare Differenzen hinsichtlich der Übersetzungsregelung” gebe, da Spanien und Italien eine Einigung basierend auf der Sprachenregelung des EPÜ ablehnen (Verfahrenssprachen DE, EN, FR, bei Erteilung lediglich Anspruchsübersetzungen; vgl. Art. 14 EPÜ).
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Am 08 März 2011 befand der Europäischen Gerichtshof das “vorgeschlagene einheitliche Patentstreitsystem für inkompatibel mit dem Lisabonder Vertrag”.
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Am 10 März 2011 autorisirte der EU Rat die “Verstärkte Zusammenarbeit“:
- Einigung zwischen wenigsten 9 EU Mitgliedern, Einstimmigkeit nicht erforderlich.
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unterstützt durch 25 der 27 EU-Mitgliedsstaaten (ausgenommen IT, ES).
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Italien und Spanien lehnen den Vorschlag ab, das Strachenregime des EPÜ zu übernehmen.
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Die Europäischen Kommission legte daraufhin vor:
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Vorschlag für einen Einheitlichen Patentschutz in Europa (13 Apr 2011)
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Vorschlag für eine Übersetzungsregelung (13 Apr 2011)
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Vorschlag für ein Einheitliches Patentgerichtssystem in Europa (06 May 2011)
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- 23 Jun 2011: Aktuelle Fassung: “Proposal for a ‘Unitary Patent’ and translations arrangements“.
- 19 Oct 2011: Aktuelle Fassung: “Draft Agreement on a Unified Patent Court“.
II. Das geplante Einheitlichen Patent (‘Unitary Patent’)
Rechtlicher Rahmen
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“Europäische Patente mit einheitlichem Effekt” sind herkömmliche vom EPO erteilte EP-Patente, für die eine “einheitliche Wirkung” beantragt wird anstatt in ein Bündel nationaler Patente zu zerfallen.
- Das EPÜ und die geltenden Erteilungsrichtlinien, insbesondere die materiellrechtlichen Regelungen, werden nicht verändert.
- Nach Erteilung eines EP-Patents kann wahlweise die neue einheitliche Wirkung beantragt werden oder die herkömmliche Validierung in ausgewählten EPÜ-Mitgliedsstaaten durchgeführt werden.
Antrag auf Einheitliche Wirkung
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der Antrag auf einheitliche Wirkung des EP-Patents muss innerhalb von einem Monat nach der Veröffentlichung der Patenterteilung gestellt werden, dann ist
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eine individuelle Validierung in den 25 Mitgliedsstaaten nicht mehr möglich.
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die Validierung nur noch in den verbleibenden EU-Mitgliedsstatten (also ES und IT) und in den nicht-EU-Mitgliedsstaaten (z.B. CH, NO, TR) des EPÜ möglich.
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Rechtliche Wirkung des Einheitlichen Patents
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Das Einheitliche Patent entfaltet in den teilnehmenden EU-Mitgliedsstaaaten, d.h. in der gesamten Europäischen Union ausgenommen Spanien und Italien (der sog. EU25) einheitlche Wirkung und Rechte.
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Beschränkungen, Widerruf oder Erlöschen des Einheitlichen Patents sind gleichzeitig in allen teilnehmenden EU-Mitgliedsstaaten wirksam.
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Ein Rechtsübertragung, z.B durch eine Veräußerung des Patents, ist nur mit Wirkung für das gesamte Territorium der teilnehmendne EU25-Staaten möglich.
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Die Lizensierung kann allerdings staatenweise erfolgen.
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Es ist lediglich eine gemeinsame Aufrechterhaltungsgebühr an das EPA zu zahlen.
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Das Einheitlichen Patent unterliegt einer EU-weiten Erschöpfung – einschließlich Spanien und Italien.
Gegenstand des Eigentums
- Die Registrierung eines Rechtsübergang ist nicht notwendig.
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Als Eigentumsgegenstand wird das ‘Einheitliche Patent’ als nationales Patent desjenigen Staates behandelt, in dem am Anmeldetag
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der Anmelder seinen Sitz oder Geschäftssitz hatte, oder
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falls dieses Kriterium nicht zutrifft, in dem das EPA seinen Hauptsitz hat, also Deutschland.
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Aufrechterhaltungsgebühren
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Die Höhe der Aufrechterhaltungsgebühr steht noch nicht fest.
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Die Höhe soll aber ähnlich sein, wie die Summe der nationalen Aufrechterhaltungsgebühren bei einem durchschnittlichen EP-Patent zum Zeitpunkt der Festsetzung der neuen Aufrechterhaltungsgebühr.
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Das EPA erhält 50% der Gebühren, die restlichen 50% werden gemäß einem Verteilungsschlüssel auf die Mitgliedsstaaten aufgeteilt.
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Der Verteilungsschlüssel wird noch separat festgesetzt.
Materielle Rechte aus dem Patent
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Wettbewerber werden von der Benutzung der patentierten Erfindung vollständig ausgeschlossen, d.h. das patentierte Erzeugnis darf nur der Patentinhaber herstellen, anbieten, in Verkehr bringen oder gebrauchen (vgl. § 9 PatG).
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Ebenso besteht ein Unterlassungsanspruch gegenüber einem nur mittelbaren Verletzer, d.h. gegenüber einer Person, die eine Art “Beihilfe zur Patentverletung” geleistet hat (vgl. § 10 PatG).
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Diese Ansprüche gelten jedoch vorbehaltlich der üblichen Einschränkungen des Patentschutzes, wie z.B. der private Nutzung, der Erschöpfung, der Nutzung zu wissenschaftlichen Zwecken, etc. (vgl. § 11 PatG).
Übergangsregeln
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Die Regelungen zum Einheitlichen Patent sind anwendbar auf EP Patente, die an oder nach dem Tag des Inkrafttretens der Verordung ["Regulation"] zum Einheitlichen Patent erteilt werden.
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Das ‘Einheitliche Patent’ wird nur zusammen mit den Einheitlichen Patentgerichtssystem in Kraft treten (vgl. unten, Abschnitt IV).
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Es wird spezielle Übersetzungsbestimmungen für eine Übergangszeit von nicht länger als 12 Jahren geben (vgl. unten, Abschnitt III).
III. Die Übersetzungsregelung des ‘Einheitlichen Patents’
Übersetzungen zur Patenterteilung
- Entsprechend der Sprachenregelung des EPÜ (vgl. Art. 14 EPÜ) kann eine Patenttanmeldung in einer der Amtssprachen Deutsch, Englisch oder Französisch eingereicht werden.
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Das EP-Patent wird in der Anmeldesprache (DE, EN, FR) veröffentlich.
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Nach der Patenterteilung müssen Übersetzungen der Ansprüche in die jeweiligen anderen beiden Amtssprachen eingereicht werden.
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Automatisierte ‘Maschinenübersetzungen’ in alle anderen Sprachen der teilnehmenden EU25-Mitgliedstaaten ollen vom EPA sobald wie möglich bereitgestellt werden.
- Die in der Anmeldesprache erteilten Ansprüche bilden die einzige rechtsverbindlichen Fassung.
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Die ‘Maschinenübersetzungen’ dienen lediglich der Information der Öffentlichkeit.
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Anmelder, die Ihren Sitz/Wohnsitz in einem EPÜ-Mitgliedssaat haben, in dem DE, EN und FR keine Amtssprachen sind, können eine Patentanmeldungen zunächsnt in einer Amtssprache dieses Staates einreichen und eine vollständige Übersetzung in DE, EN oder FR nachreichen.
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Die Kosten hierfür weden vom EPA erstattet, sofern bei Erteilung ein Antrag auf “einheitliche Wirkung” gestellt wird.
Übersetzung bei Verletungs-/Nichtigkeitsklagen
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Auf Antrag und Wahl des Verletztungsbeklagten muss der Patentinhaber eine vollständige Übersetzung in die Sprache desjenigen Mitgliedsstaates bereitstellen, in dem
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die vermeintliche Verletzung stattgefunden hat oder ind dem
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der Verletzungsbeklage seinen Sitz hat.
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Auf Antag des zuständigen Gerichts muss der Patentinhaber eine vollständige Übersetzung in die Verfahrenssprache des Gerichts bereitstellen.
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Die Übersetzungskosten trägt der Patentinhaber.
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Das Gericht kann bei seiner Entscheidung berücksichtigen, dass der Verletzungsbeklagte vor Erhalt der Übersetzung keine Kenntnis von der Verletzung hatte.
Übergangsregeln
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Für nicht länger als 12 Jahre muss der Antrag auf ‘einheitliche Wirkung’ zusammen eingereicht werden mit
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einer Übersetzung in Englisch, wenn das Patent in Deutsch oder Französisch erteilt wurde; oder
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einer Übersetzung in eine beliebige andere Sprache eines teilnehmenden EU25-Staates, wenn das Patent in Englisch erteilt wurde.
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Die Übergangsphase ist beendet, sobald hoch-qualitative ‘Maschinenübersetzungen’ in alle Sprachen der Europäischen Union möglich sind.
IV. Das Einheitliche Patentgerichtssystem (‘Unified Patnet Court’)
Genereller Rahmen
- Der Europäische Gerichtshof wies einen früheren Entwurf für ein Gemeinschaftliches Patentstreitregelungssystem zurück (vgl. Pressemitteilung), und zwar im Wesentlichen weil:
- darin eine direkte Interaktion zwischen dem Patentgericht und dem Europäischen Gerichtshof nicht festgeschreiben war (Stichwort: Gefahr der uneinheitlichen Auslegung von Gemeinschaftsrecht).
- darin Regelungen fehlten, wonach eine unangemessen benachteiligte Partei Schadensersatz gegenüber dem jeweiligen teilnehmenden EU25-Staat geltend machen kann.
- Derartige Regelungen sind in den aktuellen Entwürfen berücksichtigt.
- Jeder EU-Migliedstaat kann dem System beitreten, also Spanien und Italien.
- Das System tritt an einem noch zu bestimmenden Stichtag in Kraft, oder wenn es durch eine noch zu bestimmende Anzahl von Staaten ratifiziert wurde, die jedoch die drei größen europäischen Anmeldeländer umfassen müssen.
-
Das Einheitliche Patentgericht besteht aus einem Gericht erster Instanz und einem Beschwerdegericht als Überprüfungsinstanz.
- Dem Einheitlichen Patentgericht fällt die ausschließliche Gerichtsbarkeit über das neue EP-Patent mit einheitlicher Wirkung und das bestehende EP-Bündelpatent zu, jedoch nur, soweit letzteres die teilnehmenden EU25-Staaten betrifft.
-
Entscheidungen des Einheitlichen Patentgerichts sind in denjenigen teilnehmenden EU25-Staaten wirksam, in denen ein EP-Patent Wirkung entfaltet, sei es die ‘einheitliche Wirkung’ oder eine durch Validierung erhaltene individuelle Wirkung in einzelnen EU25-Staaten.
Struktur des Gerichts erster Instanz
-
Es wird mehreren lokale bzw. regionale Abteilungen umfassen, sowie eine Zentralabteilung.
-
Mitgliedsstaaten mit mehr als 100 Fällen im Jahr können bis zu drei lokale Abteilungen bilden.
-
Gruppen von Mitgliedsstaaten können gemeinsam eine regionale Abteilung bilden, wenn die Auslastung entsprechender lokaler Abteilungen nicht gewährleistet ist.
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Mitgliedsstaaten ohne lokale oder regionale Abteilung werden der zentralen Abteilung zugewiesen.
-
Jede Kammer wird eine multinationale Zusammensetzung haben.
Zuständigkeit der Abteilungen
- Parteien können sich bei Patentstreitigkeiten auf eine Abteilung ihrer Wahl einigen.
- Die zentrale Abteilung ist zuständig für Nichtigkeitsklagen, negative Feststellungsklagen, und dergleichen.
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Die lokalen bzw. regionalen Abteilungen
-
sind zuständig für Verletzungsklagen, einstweilige Verfügungen und dergleichen.
-
können eine Nichtigkeitswiderklage an die zentrale Abteilung verweisen.
-
können bei Zustimmung der Parteien den gesamte Fall an die zentrale Abteilung verweisen.
-
Struktur der Abteilungen des Gerichts erster Instanz
-
Lokale bzw. regionale Abteilungen habe drei (rechtskundige) Richter und können eine technischen Richter aus einem Richterpool hinzuzuziehen.
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Die zentralen Abteilung hat zwei (rechtskundige) Richter und zieht einen technischen Richter aus dem Richterpool hinzu.
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Die Parteien können sich auch auf eine Entscheidung durch einen Einzelrichter einigen.
Struktur des Beschwerdegerichts
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Jede Kammer wird eine multinationale Zusammensetzung haben.
-
Jede Kammer hat drei (rechtskundige) Richter und zwei technische Richter.
Verfahrenssprachen
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Die Verfahrenssprache von der zentralen Abteilung ist die Sprache, in der das EP-Patent erteilt wurde.
- Die Verfahrenssprache vor den lokalen/regionalen Abteilungen ist die Landessprache desjenigen Mitgliedsstaates, in dem die betreffende Abteilung ihren Sitz hat.
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Parteien können sich vor einer lokalen/regionalen Abteilung aber auch auf die Sprache, in der das betreffende EP-Patent erteilt wurde, als Verfahrenssprache einigen.
-
Falls die betreffende Abteilung die Sprachenwahl der Parteien nicht billigt, können die Parteien die Verweisung an die zentrale Abteilung beantragen.
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Die Verfahrenssprache vor dem Beschwerdegericht entspricht der Verfahrenssprache vor den Gericht erster Instanz.
Diverses
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Die Verfahren werden Anhörungen und mündliche Verhandlungen beinhalten.
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Eidesstattliche Versicherungen werden als Beweismittel zugelassen sein.
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Das Gerich kann jederzeit Sachverständige hinzuziehen.
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Die Widerrufsgründe entsprechend den Gründen gemäß Art. 138(1) EPÜ.
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Die unterliegende Partei trägt die vollständigen Kosten des Verfahrens und Auslage der obsiegenden Partei, es sei denn, es ergibt sich aus Billigkeitsgründen eine andere Kostenverteilung.
-
Das Einbringen neue Tatsachen und Beweismittel wird in der Beschwerdeinstanz nur sehr eingeschränkt möglich sein.
-
Richter mit abweichender Rechtsauffassung können diese in der Gerichtsentscheidung gesondertzum Ausdruck bringen.
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Eine Entscheidung wird gemäß dem nationalen Recht desjenigen Staats durchgesetzt, in dem die Durchsetzung erfolgen soll.
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Es wird ein Mediations-/Schlichtungszentrum aufgebaut.
-
Innerhalb von 5 Jahren können Patentstreitverfahren noch vor den nationalen Gerichten eingeleitet werden.
V. Vor- und Nachteile
Vorteile
-
Nach der Erteilung des Einheitlichen Patents fallen in der Regel keine Übersetzungskosten mehr an.
- Einfache Rechtsübertragung des Einheitlichen Patents als Ganzes.
-
Die Registrierung eines Rechtsübergangs ist nicht erforderlich.
-
Jährlich ist nur einen einzige Aufrechterhaltungsgebühr zu zahlen.
-
Divergierende Entscheidungen nationaler Gerichte sind nicht mehr möglich, da Entscheidungen des Einheitlichen Patentgerichts einheitliche Wirkung für das gesammte Territorium der teilnehmenden EU25-Staaten entfaltet.
- Die unterlegene Partei trägt die gesamten Kosten des Verfahrens.
Nachteile
-
Der Rechtsübergang ist nur noch für das EU25-gesammte Territorium möglich.
-
Die jährliche Aufrechterhaltungsgebühr könnte relativ hoch sein.
-
Die Qualität der Entscheidungen ist ungewiss und wird wesentlich davon abhängen, ob genügend erfahrene und kompetente Richter aus den wichtigen Europäischen Patentstaatenfür eine Tätigkeit an dem Einheitlichen Patentgericht begeistert werden können – was wiederum wesentlich von der Standortfrage abhängt (vgl. die gescheiterte Diskussion einer Verlegung der EPA Beschwerdekammern nach Warschau/PL).
- Innerhalb der ersten 12 Jahre könnten sich aufgrund der Übergangsregelung sogar erhöhte Übersetzungskosten ergeben (vgl. Abschnitt III.)
Volker Metzler
Patentanwalt, European Patent Attorney, European Trademark and Design Attorney, Informatiker, Blogger, Partner von k/s/n/h
Das k/s/n/h :: jur Blog
Hier erörtern Anwälte von KSNH Fragen mit Bezug zu gewerblichen Schutz- rechten und deren wirtschaftliche Bedeutung im Unternehmen. Neben juristischen Fragen wird dabei auch die sinnvolle betriebliche Einbettung von Schutzrechtsstrategien angesprochen.
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